Die Entdeckung des Himmels – das AstroDIY-Teleskop jetzt am Stein

Die Entdeckung des Himmels – das AstroDIY-Teleskop jetzt am Stein

Herwig Diessner, Wirtschaftsinformatiker und Hobbyastronom, und Ansgar Schmidt, Programmierer, hatten im Rahmen der 34C3-Initiative tuwat! entschieden, etwas zu tun: Sie entwickelten und bauten das AstroDIY-Dobson-Teleskop. Ausgedruckt auf einem 3D-Drucker boten sie es mehreren Schulen als werbewirksame und wissenschaftsfördernde Spende an, aber das Interesse hielt sich in Grenzen. Das rief die umtriebige Gabriele Fliegel – Vorstandsvorsitzende der Vereinigung Wirtschaftshof Spandau e.V. – auf den Plan. Sie vermittelte das Stein-Gymnasium, Partnerschule des Wirtschaftshofs, an die beiden Entwickler und lud diese sowie Sponsor, Schulleitung, Fachkollegen, Elternvertreter, Schüler und Spandauer Presse kurzerhand zu einer kleinen Festveranstaltung zum Jetzt-endlich-Datum am 16. Juni in die Physikräume unserer Schule ein.
 
 

Einführende Worte des Schulleiters.


 
Diessner erläuterte die für den Laien außergewöhnliche Konstruktion des Spiegelteleskops mit Enthusiasmus. “Ansgar Schmidt – ein begnadeter Maker – und ich als Hobbyastronom haben einfach unser Wissen zusammengeschmissen: Ich weiß, wie man ein Teleskop baut, Ansgar weiß, wie man 3D druckt und was man dem Material zumuten kann.” Marktübliche Produkte, die man überall in Deutschland kaufen könne, seien in die Konstruktion eingeflossen. Das Design stehe im Netz und man hoffe natürlich, dass viele Schulen die Möglichkeit nutzen, dieses herunterzuladen und den Standardspiegelsatz bestellen. Das Teleskop könne an vielen Stellen verbessert und erweitert werden, einen Sucher zum Beispiel selber drucken, einen anderen Auszug wählen oder ein größeres Okular einbauen. Mit seinen 1000 mm Brennweite und der bemerkenswerten Lichtstärke 5 sei das Teleskop aber schon jetzt voll einsatzfähig. So könne man gut die Oberfläche des Mondes damit erkunden, Planeten beobachten und die Sandstürme, die zurzeit auf dem Mars herrschen, verfolgen.
 
 

Frau Fliegel vom Wirtschaftshof und Dr. Stöcker lauschen angeregt den Ausführungen des Entwicklers Herwig Diessner.


 
Schüler seien “total” für so etwas zu begeistern. Diessner hat Erfahrungen mit Schülerprojekten ab der 1. Jahrgangsstufe und da seien die Mädchen genauso für Astronomie zu begeistern wie die Jungen. “Ja”, mit Anspielung auf die Eingangsrede von Herrn Verch, “und wenn Sie dann Ihren 3D-Drucker bekommen, dann haben Sie schöne 3D-Projekte für die Schule. Das Teleskop ist so ähnlich wie die ISS, die ja auch ständig erweitert wird – ein Teil wird ans andere gebaut, es wächst und gedeiht, bis schließlich ein ganz tolles Teleskop daraus wird, das von möglichst vielen Schülern beachtet und eingesetzt wird.”
 
 

Gabriele Fliegels interessierter Blick durchs Okular, flankiert vom “Maker” Ansgar Schmidt (li.) und dem “Developer” Herwig Diessner.


 
Herr Skerra, der vor allem das Teleskop im Wahlpflichtfach Naturwissenschaften und in seiner Astronomie AG zum Einsatz bringen wird, verwies auf den praktischen Nutzen für die Schule. “Als ich davon gehört habe, ein ‘gedrucktes Teleskop’, habe ich sofort gedacht, das ist genau das, was wir hier brauchen. Warum? Weil der 3D-Druck eigentlich der heutigen Generation nahebringt, dass man nicht nur schon Fertiges kauft, sondern dass man selber konstruktiv an solchen Geräten tätig wird – durch der eigenen Hände Arbeit ein Gerät noch vollkommener zu machen oder zu modifizieren. Es ist mir sehr recht, dass ein Teleskop unsere Schule erreicht, das dann nicht nur als Devotionalie im Glasschrank steht, wo wir nicht nur konservierend tätig sind, sondern wo wir wirklich mit einem Schraubenzieher – vorsichtig natürlich  – rangehen und durch Handanlegen selber das Gerät begreifen. Das ist Lernen am Material im besten Sinne.”
 
Lennart Mannteuffel äußerte aus Schülersicht spezifische Bedenken. Er habe als Hobbyastronom  selbst ein Teleskop zu Haus, und er freue sich mit den Anwesenden der kleinen Veranstaltung über die mögliche Horizonterweiterung, aber “ich weiß nicht, ob man es besonders gut einsetzen kann in der Schule, weil es natürlich meistens Tag ist, wenn man in der Schule ist …” Herr Skerra ergänzte lachend: “Für die Saturn-Beobachtung müssten wir tatsächlich dann um Zeiten zwischen vier und fünf Uhr früh hier aufschlagen … da muss man den Wecker schon etwas früher klingeln lassen.” Herr Verch lieferte prompte Lösung: “Wir öffnen die Schule!”
 
 

Florian Deurer von 3dk.berlin, Gabriele Fliegel und die Yoghurtbecher.


 
Florian Deurer von 3dk.berlin – Kunststoffe für 3D Drucker – war als Vertreter des Sponsors zugegen. 3dk.berlin habe gerade in Treptow ein Motion Lab gegründet, ein co-working-space, in das viele Start-ups und kleine Firmen einzögen, in dem aber auch eine Art Community vorhanden sei, die aus Makern und Bastlern bestehe. Dort unterhält die auf 3D-Druck spezialisierte Firma einen Showroom und führt Schulungen und Seminare durch. Der Kontakt zu Ansgar Schmidt und Herwig Diessner kam auf recht einfache Weise zustande – “Sie fragten, ob wir für das Teleskop-Projekt Material zur Verfügung stellen würden, und wir bei 3dk sagten ganz laut: ‘Ja!'”
 
 

Schüler wie Schulleiter – begeistert!


 
So fern, so gut. Blieben an diesem Samstagmorgen noch ein paar Fragen offen. Eine beantwortete Florian Deurer sich gleich selbst – warum die Farbe, “das Grüne”, nicht ganz stabil sei. Das hänge mit dem Material zusammen: “Das waren mal alles Yoghurtbecher von Danone.” Herr Verch reagierte auf die von Frau Fliegel in den Raum gestellte Frage, warum so viele Schulen bei dieser einmaligen Offerte nicht anbeißen wollten, lapidar: “Es kann eigentlich nur eine Schule geben, an die dieses Gerät gehört.” Der Förderschwerpunkt IT mit 3D-Druck werde am Stein zügig ausgebaut, die Finanzmittel stünden bereit und der zukünftige Campus Stein weise als einen Planungsschwerpunkt ein multifunktionales und multimediales digitales Lernzentrum aus.
 
Dr. Schwope, an diesem Morgen Elternvertreter und Astro-Physiker in Personalunion, kippte ein wenig Realität in den Yoghurtbecher mit Weitblick. Ein Blick durch das Teleskop sei nicht immer so spektakulär, wie es die NASA-Farbaufnahmen von der Hubble-Mission vermuten ließen. “Da schaut der Betrachter durch das Fernrohr, sieht alles nur in Schwarzweiß und mosert dann: ‘Was denn, die paar Punkte da sind zehn Millionen Sterne!'”
 
 
Beitrag & Fotos: F. Selig
20. Juni 2018
 
Weitere Informationen:
 
Das gedruckte Dobson-Teleskop
tuwat!
Berliner Woche, 20. Juni 2018