“Parlamentarische Demokratie spielerisch erfahren” – so heißt das Planspiel, das der Besucherdienst des Deutschen Bundestages veranstaltet. Dafür schlüpften Schülerinnen und Schüler des Grundkurses Politikwissenschaft 2 unserer Schule für einen Tag in die Rolle von Bundestagsabgeordneten.
Aus dem offiziellen Planspieltext:
„Hier lernen Schülerinnen und Schüler, wie Gesetzgebung funktioniert und erhalten Einblick in die Arbeitsweise des Deutschen Bundestages. Als Bundestagsabgeordnete in einem echten politischen Umfeld beraten sie jugendgerechte Themen. Das Planspiel simuliert den Weg der Gesetzgebung. Das Planspiel orientiert sich dabei so weit wie möglich an der politischen Realität. Dies gilt insbesondere für die Verfahrensregeln, denen die Geschäftsordnung des Bundestages zugrunde liegt.”
So trafen sich mit freudiger Erwartung die designierten Abgeordneten für einen Tag mit ihrem Politiklehrer Dr. Heidlberger am 17. Mai 2017 um 7.30 am Westeingang des Paul-Löbe-Hauses gegenüber dem Bundeskanzleramt. Nach der Begrüßung und kurzen Vorstellung des Spielverlaufs durch die freundlichen und kompetenten Herren des Besucherdienstes folgte eine informative Führung durch das Reichstagsgebäude mit seiner wechselvollen Geschichte.
Anschließend durften wir auf den Besuchertribünen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages, dem „Herz der deutschen Demokratie“, Platz nehmen. Uns wurde erklärt, warum der Adler ob seines Umfangs auch „fette Henne“ genannt wird, welche Fraktionen im Plenarsaal vertreten sind und wo sie und die Kanzlerin sitzen und vieles mehr.
Anschließend ging es auf das Dach, von wo wir einen wunderschönen Ausblick über die Stadt bei herrlichem Sommerwetter hatten und die Besichtigung der Reichstagskuppel in eigener Regie zum besonderen Erlebnis wurde. Zu unserem Glück hatte sich der Stararchitekt Sir Norman Foster, der die Konstruktion aus Stahl und Glas zusammen mit Fachingenieuren entwarf, erfolgreich gegen andere Entwürfe durchgesetzt. So wird auch verständlich, warum der Bundestag das Regierungsgebäude mit den weltweit allermeisten Besuchern ist. So hat der Besucherdienst des Deutschen Bundestages in den Jahren 2002 bis 2016 inklusive des Kuppelbesuchs insgesamt rund 35,3 Millionen Gäste betreut. – Weitere Zahlen hier.
Nach der ausführlichen Führung versammelten sich die Schülerinnen und Schüler in einem der Seminarräume des Paul-Löbe-Hauses. Die Jugendlichen übernahmen die Rollen von Abgeordneten und handelten vor dem Hintergrund einer fiktiven Ausgangslage, dem Szenario, sowie auf Basis vorbereiteter Lebensläufe und Parteipositionen. Sie verfolgten verschiedene Interessen und Ziele. Das Ergebnis der Beratungen war offen. Ob ein Gesetz am Ende verabschiedet wird und was genau darin steht, bestimmten allein die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch ihre Verhandlungen und Abstimmungen.
Thema der Gesetzesvorlage
Tierschutz in der Landwirtschaft: Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Tierschutzes in der Landwirtschaft
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der den Schutz von Tieren in der Landwirtschaft erweitern soll: Das Kürzen von Schweineschwänzen soll in Zukunft verboten, Kastrationen sollen nur noch unter Betäubung gestattet und alle anderen Eingriffe nur nach behördlicher Genehmigung erlaubt sein.
Im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Maßnahmen diskutieren die Abgeordneten über das Recht von Tieren auf Schutz vor Schmerz, über die Folgen eines solchen Gesetzes für die Agrarwirtschaft in Deutschland und in der EU sowie über die wirtschaftliche Logik der Massentierhaltung im Allgemeinen.
Ausschüsse:
– Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (federführend)
– Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
– Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Um den Spielcharakter zu verdeutlichen, wurden aber nicht die Bezeichnungen der realen Fraktionen, sondern fiktive Namen benutzt. Die Abgeordneten handelten also nicht als Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion oder der SPD-Fraktion, sondern als Abgeordnete der Christlichen Volkspartei (CVP) oder der Arbeitnehmerpartei Deutschlands (APD) usw.
Das Planspiel soll bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Wissen über die Arbeit des Deutschen Bundestages deutlich erhöhen und zugleich Spaß machen. Dabei wurden verschiedene Schlüsselqualifikationen trainiert. Das Planspiel soll die Fähigkeit, sich selbstständig zu orientieren, selbstständig zu handeln und eigene Interessen zu vertreten fördern. Die Jugendlichen übten zugleich, die Perspektive anderer Personen einzunehmen und die Legitimität unterschiedlicher Positionen zu erkennen. Teilweise kam es zu heftigen Debatten zwischen der Regierungskoalition und Opposition.
Der Besucherdienst wies Schülerinnen und Schüler zum Schluss auf ein regelmäßiges Jugend-Politik-Wochenende im Bundestag hin, die vom Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert selbst geleitet und moderiert wird. Anmeldungen dazu sollen an Abgeordnete persönlich geschickt werden.
Es wurde auch für unser leibliches Wohl gesorgt. Auf Kosten des Deutschen Bundestages wurden wir im Besucherrestaurant zum Mittagessen eingeladen. Gegen 15.00 Uhr verließen wir voller schöner Eindrücke und interessanter Erfahrungen das Bundestagsgebäude.
Wenn sie mehr über das Planspiel wissen wollen, so drücken Sie HIER.
Text & Fotos: Dr. Bruno Heidlberger
Redaktion: Frank Selig
25. Mai 2017